Von den vielen Winterkletterrouten, die ich in den letzten Jahren erstbegehen konnte, ist diese mit Blick auf die Ästhetik der Linie und Schönheit der Kletterei die beste. Sie ist meinem jungen Freund Andreas Lindner gewidmet, der im Sommer 2020 verunglückt ist.
Lange schon hatte ich diese Linie inmitten der Nordwand des Aggenstein Ostgipfels im Blick, nun ist ihre Erstbegehung endlich geglückt. Korbinian Schmidtner, Hans-Peter Müller und mich erwartete die ganze Bandbreite des Winterkletterns, inklusiv schwieriger Eiskletterei, etwas Drytooling, Schneewühlerei und natürlich der dort typischen Graskletterei. Obwohl es sich um eine Route im Stil einer Direttissima handelt, ist die Linienführung stets intuitiv.
Von den vielen Winterkletterrouten, die ich in den letzten Jahren mit Michaela und weiteren Tourenpartnern erstbegehen konnte, ist diese mit Blick auf die Ästhetik der Linie und Schönheit der Kletterei die beste. Diese Route ist meinem jungen Freund Andreas Lindner gewidmet, der im Sommer 2020 im Zustieg zur Aiguille du Dru verunglückt ist. Anders als sein fester Platz in so vielen Herzen ist dieses Zeichen der Erinnerung und Wertschätzung eher unbedeutend. Doch kann ich als Alpinist damit ausdrücken, wofür meine Worte zu schwach sind.
Ein kurzer Blick zurück in den März 2022: Die „Superdirekte Nordwand“ der Zugspitze Nordwand sollte eine Gedenkroute für Anderl werden, doch spürte ich schon am Gipfel, dass diese Route zu finster ist und in mir zu wenige positive Emotionen hervorrufen wird, dafür aber noch mehr Zweifel. Ganz anders nun, knapp zwei Jahre später und mit mehr Distanz zu den Ereignissen. Unsere neue Route am Aggenstein wirkt auf mich versöhnlich, als spräche sie uns mit freundlicher Stimme Mut zu.
Text: Fritz Miller, Januar 2024
Erstbegehung
1. Begehung: Fritz Miller, Korbinian Schmidtner und Hans-Peter Müller am 10. und 11.01.24
1. Wiederholung und 1. Rotpunkt-Begehung: Fritz Miller und Korbinian Schmidtner am 14.01.24
Routenbeschreibung
Herausfordernde alpine Mixedkletterei inmitten der Nordwand des Aggenstein Ostgipfels. Wiederholer erwartet die ganze Bandbreite des Winterkletterns, inklusiv schwieriger Eiskletterei und der am Aggenstein typischen Graskletterei. Obwohl es sich um eine Route im Stil einer Direttissima handelt, ist die Linienführung stets intuitiv. Die Route verläuft in der 3. Seillänge (Eisfall) sowie in der 7. Seillänge (Grasschulter) auf der Linie des Isidor-Hacker-Gedenkwegs, woraus sich verschiedene Kombinationsmöglichkeiten ergeben.
Absicherung und Ernsthaftigkeit
Die schwierigen Seillängen sowie die meisten Standplätze sind mit Normalhaken und Bohrhaken eingerichtet. Fast alle Haken sind mit Markierungsschlingen ausgestattet. Für die weitere Absicherung wird das unten aufgeführte Material benötigt. Cams lassen sich nur vereinzelt legen, Keile praktisch gar nicht. Vorhandene Normalhaken sollten immer geprüft werden – aufgrund der Felsbeschaffenheit lockern sich manche Haken mit der Zeit. Insgesamt ist die Absicherung in dieser Route besser als beispielsweise im „Isidor-Hacker-Gedenkweg“ oder in „Morbus Brexit“ und es kann von jedem Standplatz abgeseilt werden. Wegen der schwierigen ersten Seillänge mit oftmals zweifelhafter Eisqualität zählt der „Anderl-Lindner-Gedenkweg“ dennoch zu den anspruchsvollsten Winterkletterrouten der Allgäuer Alpen und Tannheimer Berge.
Die richtigen Bedingungen
Entscheidend sind eine stabile Schneedecke sowie tiefe Temperaturen, damit die Graspolster halten. Zumindest nachts und morgens sollten die Temperaturen in der Wand deutlich unter null liegen. Bei ungünstigen Eisbedingungen können die ersten beiden Seillängen über den „Isidor-Hacker-Gedenkweg“ umgangen werden.
Zustieg
Von Pfronten-Steinach übers Skigebiet Breitenberg mit Tourenski zum Einstieg. Ohne Bergbahnen ca. 2 h. Mit Bergbahnen vom Ausstieg des Sessellifts Hochalpbahn nur ca. 20 min.
Die einzelnen Seillängen
1. SL: 40-45 m M7+, WI6, je nach Bedingungen auch schwerer. Das Felsdach wird links umgangen. Absicherung mit Beaks, Cams, einem BH und Eisschrauben. Stand im Eis.
2. SL: 30 m WI3, 45° Gerade hoch zur großen Rampe. Stand eingerichtet mit 3 NH.
3. SL: 35 m WI2-3, 45° Dem Eisfall des Isidor-Hacker-Gedenkwegs folgen, bis rechts eine Schwachstelle in der überhängenden Wandstufe ersichtlich wird. Stand an NH und Beaks im Bereich der Gufel.
4. SL: 25 m M7 Leicht rechtshaltend empor bis zu athletischer Einzelstelle. Danach weiter rechtshaltend in einfacher Kletterei zu Bohrhakenstand. Absicherung mit 3 BH, 1 NH und Grasanker.
5. SL: 30 m M6, 45° Leicht linkshaltend zur Kante, danach im flacheren Gelände rechtshaltend zum Couloir und über dieses hoch zum Felsüberhang, welcher das Couloir versperrt. Stand am rechten Rand des Felsüberhangs an 2 BH. Absicherung mit 3 BH.
6. SL: 35 m M2-3, 45° Auf der rechten Seite der Rippe im leichten Gelände hinauf, bis unter die Fichten. Die Rippe erklettern, um zu den Fichten zu gelangen.
7. SL: 55 m 45°, M2-3 Leicht linkshaltend bis ans Ende der Grasschulter. Stand unter offensichtlichem Felsdach eingerichtet mit 2 NH und 1 Tricam.
8. SL: 30 m M4 Gleich rechts des Felsdachs über kleine Steilstufe zur Rinne, welche zum Direktausstieg des Isidor-Hacker-Gedenkwegs führt. Von dieser Rinne gerade hinauf zu Stand an 2 BH. Absicherung mit Grasankern.
9. SL: 40 m M5+, 45° Leicht linkshaltend der offensichtlichen Linie folgen, bis man die Rampe erreicht, die nach links zum Gipfelgrat führt. Auf dieser Rampe ein paar Meter empor, bis unter ein kleines Felsdach. Stand dort an 2 NH und Cam. Absicherung mit Grasanker, 2 NH, 1 BH und Abseilstand (2 BH) in der Rinne nach der Schlüsselpassage.
10. SL: 45 m M3, 50° Ein paar Meter auf der Rampe empor bis zu einer Schwachstelle im darüberliegen Wandriegel. Hier rechts hoch und in leichter Kletterei zum Gipfelgrat. Stand an 2 BH, welche sich auf der Nordseite knapp unterhalb des Grates befinden.
Abstieg am besten durch Abseilen über die Route
Empfohlenes Material